Man spricht Deutsh

ein Watchblog zum Umgang der Medien mit der deutschen Sprache

Archive for the ‘Grammatikalisches’ Category

Reutlinger Generalanzeiger Nr. 262 vom 12. November 2015

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Im Artikel „Bewegung in der Auchtertstraße“ auf Seite 11 der genannten Ausgabe wird über die Möglichkeiten einer neuen Nutzung verschiedener ungenutzter Gewerbeflächen in Reutlingen informiert. Der folgende lange Satz ist in verschiedener Hinsicht interessant:

„Was die Eigentümer nach dem Abriss mit dem Gewerbegrundstück, das als Sondergebiet für einen großflächigen Bau- und Heimwerkermarkt planungsrechtlich abgesichert ist, weiß niemand ganz genau.“

Zunächst einmal fehlt hier das zu dem Substantiv „die Eigentümer“ gehörende Tätigkeitswort. Also zum Beispiel „Was die Eigentümer …machen“ oder „…geplant haben“ oder „…vorhaben“. Sobald man diesen Fehler aber korrigieren und das Tätigkeitswort zufügen will, steht man vor der schwierigen Frage „Wohin damit?“.

In diesem Blog wurde bereits auf die Positionierung von Satzteilen bei Einfügen eines Nebensatzes oder einer Apposition hingewiesen. Fügt man das fehlende Tätigkeitswort nach dem Nebensatz „das…ist“ ein, steht es weit weg vom Substantiv und außerdem alleine zwischen zwei Kommata:
„Was die Eigentümer nach dem Abriss mit dem Gewerbegrundstück, das als Sondergebiet für einen großflächigen Bau- und Heimwerkermarkt planungsrechtlich abgesichert ist, vorhaben, weiß niemand ganz genau.“ Beides hemmt den Lesefluss ungemein und sollte daher vermieden werden.

Fügt man das fehlende Tätigkeitswort jedoch vor dem Nebensatz „das…ist“ ein, sollte es tatsächlich nur ein einziges Wort sein. Andernfalls geht der Bezug des Nebensatzes auf das Bezugswort „Gewerbegrundstück“ mit zunehmender Entfernung verloren:
„Was die Eigentümer nach dem Abriss mit dem Gewerbegrundstück möglicherweise künftig noch im Sinn haben, das als Sondergebiet für einen großflächigen Bau- und Heimwerkermarkt planungsrechtlich abgesichert ist, weiß niemand ganz genau.“

Nach den Negativ-Beispielen nun also der Versuch einer optimierten Lösung. Diese ergibt sich fast automatisch, wenn man den Bandwurmsatz in zwei kompakte Sätze aufteilt:

Was die Eigentümer nach dem Abriss mit dem Gewerbegrundstück vorhaben, weiß niemand ganz genau. Planungsrechtlich ist das Grundstück als Sondergebiet für einen großflächigen Bau- und Heimwerkermarkt abgesichert.

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12. November 2015 at 10:55

WELT am SONNTAG Nr. 33 vom 16. August 2015

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Der Artikel „Stellungskrieg um das Internet“  der genannten Ausgabe der WELT am SONNTAG (Rubrik Wissen, Seite 56) befasst sich mit dem freien Fluss von Informationen im Netz und den verschiedenen Arten der Einflussnahme auf diese Art der Netzfreiheit durch Unternehmen und autokratische Regierungen.

In dem folgenden Zitat wird begründet, warum die Internettauschbörse Napster (aktiv um die Jahrtausendwende herum) so erfolgreich war und auch nicht durch die Musikindustrie gestoppt werden konnte:

„…kam dem Versuch gleich, einen Sack Flöhe zu hüten. Weil keine zentrale Quelle mehr verstopft werden konnte für den Datenstrom von Abermillionen Musikdateien, sondern eine einmal ins Netz gebrachte Musikdatei sich praktisch in rasender Geschwindigkeit im Zusammenspiel der Peer-to-Peer-verschalteten Rechner in kurzer Zeit x-mal selbst vervielfachte.“

Dieser zitierte Abschnitt bietet nicht nur auf Grund seiner Länge viele Möglichkeiten zur (konstruktiven) Kritik. Zunächst einmal ist der mit „Weil“ beginnende „Satz“ überhaupt kein korrekter deutscher Satz. Solch ein Satzteil muss von dem Hauptsatz, auf den er sich bezieht, mit Komma abgetrennt werden; er darf nicht alleine stehen. Der Autor hatte den entsprechenden Hauptsatz als eigenständigen Satz vorher niedergeschrieben und mit einem Punkt beendet. Das war sicherlich der lobenswerte Versuch, die Länge des Konstruktes nicht noch weiter ausufern zu lassen. Teilweise erfolgreich war allerdings der Versuch des Autors, die Satzstellung gut lesbar zu gestalten, indem die relevanten Informationen inklusive Tätigkeitswort nahe beieinander stehen. An Stelle der üblichen schlecht lesbaren Satzstellung „Weil keine zentrale Quelle mehr für den Datenstrom … verstopft werden konnte, …“ wählte der Autor eine optimierte Version. Unklar ist jedoch, warum er das im zweiten Teil des „Satzes“ nicht konsequent weiter geführt hat. Hier findet sich das Tätigkeitswort „vervielfachte“ unglücklicherweise erst ganz am Ende eines langen Ausdrucks, weit entfernt von dem zugehörigen Hauptwort „Musikdatei“. Weiterhin ist es eine Überlegung wert, ob die Ausdrücke „in rasender Geschwindigkeit“ und „in kurzer Zeit“ in diesem Zusammenhang (und nur hier) nicht eine nahezu redundante Aussage liefern.

Der Optimierungsvorschlag ist nicht ganz einfach, denn viele verschiedene Informationen müssen grammatikalisch korrekt dicht gepackt und in eine gut lesbare Anordnung gebracht werden. Ich versuche es trotzdem:

„…kam dem Versuch gleich, einen Sack Flöhe zu hüten. Denn es konnte keine zentrale Quelle mehr verstopft werden für den Datenstrom von Abermillionen Musikdateien. Stattdessen vervielfältigte sich eine einmal ins Netz gebrachte Musikdatei in rasender Geschwindigkeit x-mal selbst, ermöglicht durch das Zusammenspiel der Peer-to-Peer-verschalteten Rechner.“

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16. August 2015 at 10:42

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Süddeutsche Zeitung vom 20./21. Juli 2013

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Im Artikel „Familienkrach“ auf Seite 8 der genannten Ausgabe der Süddeutsche Zeitung geht es um ein neues Leitbild zum Thema Zusammenleben in einer Familie, welches in der evangelischen Kirche aktuell kontrovers diskutiert wird. Passend zu der sogenannten „Orientierungshilfe“ findet sich eine Bildunterschrift mit folgendem Wortlaut:

„Stefanie Schardien hat sich für Familie und Kind entschieden: […] Der Mitautorin des Papiers fühlt sich missverstanden.“

Das Bild zeigt eine junge Frau mit einem Kind auf dem Schoß in ihrer Wohnung. Besteht nun die Orientierungshilfe darin, die (weibliche) Mitautorin mit dem (männlichen) Artikel „Der“ zu ergänzen? Immerhin geht es in dem Papier auch um gleichgeschlechtliche Ehen sowie Patchworkfamilien. Da kann man als Journalist schon mal durcheinander kommen.

Das zeigt sich auch ein paar Absätze weiter im Text bei einem indirekten Zitat:

„Ulrich Parzany, der wortgewaltige Prediger von „Pro Christ“, sagt, er schäme für seine Kirche.“

Vielleicht ist es nicht angemessen zu verlangen, dass sich besagter Journalist auch mal schämen sollte. Aber eine kleine Orientierungshilfe in Sachen Deutsch wäre sicherlich hilfreich. Der Vollständigkeit halber:

  • Die Mitautorin […] fühlt sich missverstanden.
  • […] sagt, er schäme sich für seine Kirche.

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22. Juli 2013 at 19:46

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Reutlinger Generalanzeiger vom 30. März 2013

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Im Artikel „Der unbeliebte Präsident“ auf Seite 2 der genannten Ausgabe des Reutlinger Generalanzeiger wird unter anderem über die umstrittene Reichensteuer des französischen Präsidenten François Hollande berichtet. Hollande wird mit folgendem Satz zitiert:

„Die Unternehmen werden die Steuer in Höhe von 75 Prozent auf Einkommen von mehr als einer Millionen Euro zahlen“

Wenn es in der Politik um Geld geht, sind immer gleich viele Millionen (also Plural) im Spiel. Daran hat sich die deutsche Presse anscheinend so gewöhnt, dass es auch beim Plural bleibt, wenn es „nur“ um eine Million geht. Die Falsche Plural-Formulierung „eine Millionen“ findet sich nämlich durchaus häufiger in den Medien, und der zitierte Artikel ist hierfür nur ein Beispiel.

Eine Million ist Singular, zwei Millionen sind Plural, mehrere/viele/wenige Millionen sind Plural. Genauso verhält sich das Wort „Nation“; kein Journalist käme hier auf die Idee, die Formulierung „eine Nationen“ zu verwenden.

Einen Sonderfall bei Mengenangaben gibt es. Wird die Menge mathematisch exakt als Zahl mit Nachkommastellen angegeben, so stehen die Millionen immer im Plural, sogar wenn es nur eine ist: „1,0 (einskommanull) Millionen Euro“. Dieser Sonderfall liegt hier aber nicht vor.

Die Korrektur des zitierten Satzes ist schnell gemacht:

„Die Unternehmen werden die Steuer in Höhe von 75 Prozent auf Einkommen von mehr als einer Million Euro zahlen“

Die französischen Medien verwenden bei der Beschreibung der Steuer übrigens folgenden Original-Wortlaut: „une tranche d’imposition à 75% pour les revenus supérieurs à un million d’euros“ (z.B. Huffington Post, 29.02.2012). Daran ist zu erkennen, dass ein korrektes französisches Original durch die Übersetzung zu einem fehlerhaften deutschen Zitat wurde.

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30. März 2013 at 10:27

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Der – Die – Das ?

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WELTMEISTER MAGAZIN VDI nachrichten 2/12

Auf Seiten 12f. des genannten Magazins ist in einem Artikel über ERP-Software folgende Abbildung zu finden. Der Begleittext oberhalb der Abbildung hat es in sich:

Die steckt eine Patrone mit Flüssigwachs drin, der über einen Docht nach oben steigt … „

Der gesunde Menschenverstand rät mir im ersten Teilsatz zu „Hier“ oder „Dort“; der aktuelle Duden rät mir im zweiten Teilsatz definitiv zu „das“. Mein Vorschlag einer korrekten Formulierung wäre also:

„Hier steckt eine Patrone mit Flüssigwachs drin, das über einen Docht nach oben steigt…“.

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19. Mai 2012 at 10:59

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VDI nachrichten Nr. 19 vom 11. Mai 2012

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Ein Bericht über neue Geschäftsfelder der Fa. Brother Industries auf Seite 8 der genannten Ausgabe der VDI nachrichten erläutert die Wachstumspläne des Unternehmens:

„Wie die meisten japanischen Unternehmen haben die Finanzkrise, der Tsunami und das Erdbeben ursprüngliche Wachstumspläne über den Haufen geworfen.“

In diesem Satz nehmen die japanischen Unternehmen durch das Vergleichswort „Wie“ dieselbe Rolle ein wie die Finanzkrise, der Tsunami und das Erdbeben: sie haben Wachstumspläne über den Haufen geworfen.

Das ist natürlich nicht korrekt und vom Autor sicherlich auch nicht so beabsichtigt.

Eine sinnvolle Formulierung könnte lauten:

„Wie bei den meisten japanischen Unternehmen haben die Finanzkrise, der Tsunami und das Erdbeben ursprüngliche Wachstumspläne über den Haufen geworfen.“

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14. Mai 2012 at 07:48

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VDI nachrichten Nr. 41 vom 14. Oktober 2011

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Im Artikel „Forscher simulieren Frankreichs KKW-Ausstieg“ (Seite 4 der genannten Augabe der VDI nachrichten) findet sich folgender Satz zur Haltung des französischen Staatspräsidenten:

„Damit will Präsident Nicolas Sarkozy eine Debatte an sich reißen, die sich im kommenden Frühjahr für ihn kontraproduktiv und negativ ausfallen könnte.“

Ein Klassiker, von mir schon des Öfteren hier veröffentlicht, aber immer wieder interessant. Folgende Formulierungen wären beide korrekt:

  • „…die sich im kommenden Frühjahr für ihn als kontraproduktiv […] erweisen könnte“
  • „…die [—] im kommenden Frühjahr für ihn kontraproduktiv […] ausfallen könnte“

Die Vermischung dieser beiden Varianten im oben zitierten Satz ist aber grammatikalisch leider falsch.

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18. Oktober 2011 at 20:14

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Süddeutsche Zeitung Nr. 263 vom 13./14. November 2010

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In der genannten Ausgabe der Süddeutschen findet sich im Feuilleton auf Seite 13 ein Randartikel mit der Überschrift „Ökonomie der Aufmerksamkeit“. Darin wird beschrieben, wie der Onlinehändler Amazon einen Pädophilenratgeber in sein Angebot aufnahm und ihn dann auf massiven öffentlichen Druck hin wieder entfernen musste.

Folgendes Satzkonstrukt habe ich an dieser Stelle schon früher mittels anderer Beispiele beanstandet:

„Amazon dürften durch die Tatsache,
dass via E-Publishing immer mehr Bü-
cher aus obskuren Selbstverlagen in das
Sortiment des Online-Reisen ge-
schwemmt werden, weitere ähnliche Fäl-
le ins Haus stehen.“

Zeile
Den im Randartikel verwendeten Zeilenumbruch habe ich hier nachgebildet. Offensichtlich findet der erste Teilsatz „Amazon dürften…“ erst ganze vier Zeilen weiter unten seine Fortsetzung bzw. seinen Abschluss „…weitere ähnliche Fälle ins Haus stehen“.

Dadurch und durch die Wortstellung  ist zunächst der Dativ des Wortes „Amazon“ nur mit Verzögerung zu erkennen. Der Leser erwartet anfangs intuitiv die Formulierung „Amazon dürfte …“ (z.B. Probleme haben).
Außerdem ist es durch die umfangreiche Apposition unnötig schwierig geworden, am Ende derselben wieder den Anschluss an den Hauptsatz zu finden.

Davon abgesehen muss es „Online-Riesen“ heißen. Meines Wissens nach bietet Amazon noch keine im Internet buchbaren Ausflüge an (Online-Reisen).

Mein Vorschlag, wie der Satz gefälliger und flüssiger umformuliert werden könnte:

„Amazon dürfte künftig mit weiteren ähnlichen Fällen konfrontiert werden, da via E-Publishing immer mehr Bücher aus obskuren Selbstverlagen in das Sortiment des Online-Riesen geschwemmt werden.“

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14. November 2010 at 11:17

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Welt am Sonntag Nr. 16 vom 18. April 2010

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In der genannten Ausgabe der Welt am Sonntag finden sich auf den Seiten 2, 3, 4, 14, 34 und 88 verschiedene Artikel über den Ausbruch des isländischen Vulkans und dessen Auswirkungen auf Wirtschaft und Leben in Europa.

Der Artikel „Wie es so weit kam“ auf Seite 2 beinhaltet gleich mehrere sprachliche Unstimmigkeiten:

„In Berlin muss den Flugverkehr lediglich für 90 Minuten einstellen.“
„Zwei Drittel aller Flüge sind gestrichen, die Flughäfen in eine knappen dutzend Staaten gesperrt.“
„Volle Zügel, und kaputte“ (eine Absatz-Überschrift)

Hier sollten Autoren, die über eine Aschewolke berichten, sich erstmal selbst Asche aufs Haupt streuen!

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19. April 2010 at 18:39

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VDI nachrichten Nr. 4 vom 29. Januar 2010

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In der genannten Ausgabe der VDI nachrichten heißt es auf Seite 5 in dem Artikel „Streaming wird das Herunterladen von Musik ablösen“:

„Seine zur Midem erschienene Studie […] weist einen Verlust der Einnahmen allein für amerikanische und europäische Musikunternehmen um 42% – von 25,6 Mrd. € auf 10,8 Mrd. € – aus.“

Hier finden sich gleich mehrere Unstimmigkeiten:

  • Die Formulierung „Rückgang der Einnahmen um 42%“ ist ebenso korrekt wie die Formulierung „Verlust der Einnahmen von 42%“. Der zitierte Ausdruck „Verlust der Einnahmen […] um 42%“ hingegen ist nicht korrekt.
  • Wenn die Einnahmen von 25,6 Mrd. € auf 10,8 Mrd. € zurückgehen, dann ist das nach Adam Riese ein Rückgang um 57,8% (gerundet 58%). Das Niveau der aktuellen Einnahmen (10,8 Mrd. €) entspricht damit 42% der vergangenen Einnahmen (25,6 Mrd. €).

Daraus folgt unmittelbar mein Vorschlag:

„Seine zur Midem erschienene Studie […] weist einen Rückgang der Einnahmen allein für amerikanische und europäische Musikunternehmen um 58% – von 25,6 Mrd. € auf 10,8 Mrd. € – aus.“

Written by fabulieren

31. Januar 2010 at 13:50

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